Laut Duden ist Empathie...
... die “Bereitschaft und Fähigkeit, sich in die Einstellungen anderer Menschen einzufühlen”. In der Gewaltfreien Kommunikation geht es ein bisschen weiter: Wir verstehen darunter die Fähigkeit, sich vollständig in sein Gegenüber einzufühlen und sich auf seine momentanen Gefühle und Bedürfnisse zu konzentrieren. Das heißt, ihm einfach „nur“ mit all seinen Sinnen zuzuhören ohne das Gesagte zu bewerten und ihn somit unter Umständen sogar zu beeinflussen.
Je mehr ich mich dabei von eigenen Gedanken, Bewertungen, Erfahrungen etc. frei mache, desto näher kann ich auch dem anderen und seinem Anliegen sein. Ich versuche ihn (möglichst) neutral da abzuholen, wo er gerade steht, bin sozusagen eine Art neutraler Beobachter: Wie geht es meinen Gegenüber, was braucht er gerade bzw. was wünscht er sich vielleicht oder hat sich erhofft?
Es geht dabei nicht darum eine Lösung für seine Probleme, Sorgen etc. zu finden, sondern ihm in seinem Selbstklärungsprozess so zu begleiten, dass er sich und seinen Bedürfnissen näher kommt. Empathie ist wie eine Art Zwiebel schälen.
Welches Ergebnis das Gespräch am Ende haben soll, ist dabei erstmal völlig unerheblich. Hauptsache die betroffene Person fühlt sich dabei gehört.
„Tue nicht irgendetwas, sei einfach da“, sagt ein buddhistisches Sprichwort und gibt vielleicht ganz gut wieder, worum es beim empathischen Zuhören geht.
Zuhören … meistens mache ich das schweigend, indem ich einfach „nur“ den Blickkontakt halte und meinem Gegenüber durch eine ihm zugewandte Körperhaltung signalisiere: Ich bin mit meiner ganzen Aufmerksamkeit bei dir! Wenn ich einen Impuls verspüre, kann ich ihm Gefühle und Bedürfnisse spiegeln bzw. anbieten (zum Beispiel. "Fühlst du...?" oder "Wünscht du dir...?"), die ich gehört habe bzw. nachfragen, ob er sich verstanden fühlt. Wenn ich merke, dass meine Vermutungen in die richtige Richtung gehen (bspw. durch nicken des anderen, oder eine entspanntere Körperhaltung) kann ich weitere Bedürfnisse anbieten und ihn unterstützen.
Allerdings kann ich mich nur dann in meinen Gegenüber vollständig einfühlen, wenn ich selbst gerade mit Empathie voll gesättigt bin und mich gestärkt fühle. Ansonsten kann es passieren, dass meine Aufmerksamkeit schnell schwindet oder ich gar meine eigene Geschichte, das heißt Erfahrungen und vorgefertigte Meinungen mit ins Spiel bringe und meinen Gegenüber den Raum nehme.
Wenn wir bei der Definition von Empathie sind, ist es auch wichtig, sich mögliche Stolperfallen anzuschauen, in die man besonders dann tappen kann, wenn man selbst gerade nicht in seiner Mitte ist.
So kann ich zum Beispiel Empathie geben, um sie selbst zu erfahren oder aus dem Wunsch heraus, selbst Anerkennung zu erfahren. Leicht neigt man auch dazu den anderen in seiner Not zu trösten, beschwichtigen oder zu ermutigen oder gar Beispiele zum eigenen Leben herzustellen, wie „das kenne ich auch“ oder „die Situation hatte ich auch schon mal und …“ etc. Oft wollen wir auch den anderen bzw. sein Gesagtes analysieren, diagnostizieren oder Ratschläge geben.
Diese Strategien können zwar den anderen kurzfristig Linderung in seinem Schmerz beschaffen, aber bringen ihm seinen Bedürfnissen und somit sich nicht unbedingt näher.
Wichtig ist also, selbst gestärkt mit allen seinen Sinnen beim anderen zu sein und ihn einfach „nur“ zuzuhören.