Die Empathie und die Selbstempathie
Beginnen wir mit Letzterem: Warum Selbstempathie so wichtig ist
Waren Sie schon einmal in der Situation, dass Ihnen jemand etwas erzählt und es Sie überhaupt nicht interessiert? Oder Ihnen wird etwas erzählt, Sie sind total müde oder im Zeitstress und schweifen immer wieder ab? Es gibt immer wieder Momente im Leben, in denen wir nicht zuhören möchten oder können - Umstände, in denen wir keine Lust oder Energie haben, jemandem zuzuhören oder gar einer anderen Person Empathie zu geben. Oft kommt es vor, dass Menschen, die sich näher mit der Gewaltfreien Kommunikation beschäftigen, den Anspruch an sich selbst entwickeln, ab sofort immer für andere da sein zu wollen. Zum Wohlbefinden anderer beizutragen, bringt vielen Menschen neue Perspektiven, begeistert und bereichert sie.
Dabei kann es dann leicht geschehen, dass wir vergessen, auf uns selbst achtzugeben: “Habe ich gerade überhaupt genug Energie, um für jemand anderen da sein zu können?” Wenn wir diese Frage mit “nein” beantworten, ist es wichtig, erst einmal für uns selbst zu sorgen. Wir können uns fragen: “Weiß ich schon, weshalb ich gerade nicht zuhören kann oder mag? Wenn ich einfach nur Widerstand spüre, wie kann ich herausfinden, woran es liegt?” Wir können unser Gegenüber bitten: “Ich brauche kurz zwei Minuten, um zu schauen, was ich gerade brauche.” - eine praktische Möglichkeit ist es, einfach kurz zur Toilette zu gehen und in der Zeit zu schauen: “Was brauche ich jetzt? Möchte ich Ruhe? Effektivität? Entspannung? Zeit sinnvoll nutzen?” Wenn wir merken: “Ich brauche gerade Ruhe oder Erholung.”, können wir uns direkt aufrichtig mit Hilfe der 4 Schritte der GFK äußern und somit um etwas bitten.
Beispiel:
“Max, das klingt echt als wäre das alles ziemlich anstrengend für dich. Ich würde dir so gerne zuhören und merke gleichzeitig, dass ich ziemlich müde bin und gerade Ruhe brauche. Magst du mir sagen, wie es dir damit gehen würde, wenn wir uns morgen zum Frühstück treffen und wir da in Ruhe reden? Dann kann ich dir wieder so zuhören, wie ich es gerne möchte.” In anderen Situationen brauchen wir vielleicht erst selbst Empathie, um für jemand anderen da sein zu können. Beispielsweise sagt Max’ Chefin zu Max: “Sie sollten doch langsam mal fertig sein. Was ist los?”.
Fällt es Ihnen in dieser Situation leicht, sich liebevoll dafür zu interessieren und zu hören, wie es der Chefin geht, also was hinter dieser Aussage steckt?
Wünscht sie sich Effektivität oder Erholung? Vielleicht haben Sie auch einfach keine Lust, zu wissen, warum sie das sagt. Das ist meistens ein Indiz dafür, dass Sie zuerst selbst Anteilnahme dafür brauchen, wie es Ihnen damit geht. Bezogen auf das Beispiel mit der Chefin heißt das vielleicht, dass Sie erstmal Ihrem Frust Raum geben: “Wünschen Sie sich, die Chefin würde sehen, was Sie bisher schon geleistet haben? Sind Sie wütend und irritiert, wenn Sie ihren Tonfall hören, weil Ihnen Wertschätzung wichtig ist?” Egal was da auftaucht, es ist erstmal wichtig zu schauen welche Gefühle gerade da sind und welche Bedürfnisse dahinter stecken. In diesem Moment ist es hilfreich zu klären, ob ich Empathie von jemandem bekommen oder dies für mich selbst klären kann? Im Anschluss daran bin ich dann auch wieder bereit empathisch mit meinem Gegenüber zu sein. Wenn wir uns entscheiden, für jemanden da sein zu wollen, dann ist es wirklich wichtig dies nur zu tun, wenn es für uns selbst gerade eine Bereicherung ist. Empathie, Fürsorge und Anteilnahme sind nur dann hilfreich, wenn sie mit Freude gegeben werden. Genauso wie wir ein Lächeln nur verschenken können, wenn es von Herzen kommt - ansonsten kommt im Herzen des anderen ein gekünsteltes Lächeln an.
Wir selbst sind schnell frustriert und ausgelaugt, wenn wir uns überfordern.
Eine Möglichkeit dagegen zu steuern ist uns selbst gegen- über mitfühlend und empathisch zu sein. Wir sorgen dafür, dass wir ausreichend Energie haben, um uns wohl zu fühlen und dann eventuell auch für andere da sein zu können. Es ist wichtig, dass wir uns um uns selbst so liebevoll kümmern, wie wir es gerne für andere tun möchten.
Manchmal brauchen wir erst (Selbst-) Empathie, bevor wir Empathie geben können.